Gedanken zum 19. Sonntag nach Trinitatis

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Gedanken zum 19. Sonntag nach Trinitatis

Heile Du mich, Herr, so werde ich heil; hilf Du mir, so ist mir geholfen. Jer. 17,14

Liebe Schwestern und Brüder!

Ein Schrei bildet unseren Wochenspruch. Es ist der Schrei eines Mannes, der immer wieder mit dem, was er sagte aneckte und provozierte. Jeremia hieß dieser Mann und er agierte als Prophet in den Jahren 627 bis 587 c. Chr. , also in einer Zeit, als das Volk Israel kurz davor stand aufzuhören als Staat zu existieren. Als Prophet hatte er die Aufgabe, seinem Volk das Wort Gottes zu sagen, gerade auch da, wo es unangenehm war. Seine Botschaft war keine leichte Kost, sie ging unter die Haut, rüttelte auf und ließ aufhorchen. Und deshalb wollte sie ja auch keiner hören, stattdessen verfolgte man ihn, warf ihn in irgendwelche Zisternen und trachtete ihm nach dem Leben. Nein, er hatte es nicht einfach und immer wieder schrie er zu seinem Gott und flehte ihn um Hilfe an. Und dabei, so habe ich den Eindruck, waren die körperlichen Züchtigungen und all die bösen Gerüchte um seine Person nicht einmal das Schlimmste. Schlimmer war vielmehr, dass er immer weniger diesen Gott verstand. Warum ließ Gott das alles zu? Warum griff er nicht ein und machte all dem gottlosen Handeln seines Volkes ein Ende. Und doch wendet er sich immer wieder in äußerster Not an den, der ihn beauftragte und den er doch nicht verstand. Für mich ist Jeremia die wohl tragischste Figur im ganzen Alten Testament. Und doch, auch das ist wahr, er gibt auch heute noch vielen von uns eine Stimme, seine Stimme.

„Ich habe alles verloren, mein Haus, meine Familie, mein Volk und alles, was ich hatte. Wer hilft mir jetzt, wer gibt mir Hoffnung“, so die Stimme eines Mannes aus dem Gazastreifen. Die Berichte aus diesem Teil der Erde sind erschütternd. Aber genau so klagen auch die Menschen aus der Ukraine, die das gleiche Schicksal erleiden. Und wer hört diese Stimmen?

Dem Historiker uns Essayisten Karl Schlögel wurde in diesem Jahr der Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2025 überreicht. Seine eindrucksvolle Rede mahnte zu Frieden und Einheit in Europa und in der Welt und gleichzeitig warnte er, all Apelle in den Wind zu schlagen, denn der Krieg erreicht uns schneller, als uns lieb ist. Er ist nur eine Stimme in einer Fülle von mahnenden und warnenden Worten. Doch wer hört sie? Und genau so geht mit all den Stimmen, die sich für eine neue, klimafreundliche Politik aussprechen und davor warnen, so weiter zu machen, wie bisher. Schon jetzt ist es für manche Arten auf der Welt schon zu spät, z.B. für die Korallenriffe vor der Küste Australiens. Wirbelstürme, Hochwasser, abtauende Gletscher machen den Klimawandel mehr als deutlich. Doch wer hört die mahnenden Worte, die immer wieder darauf hinweisen, die mahnen und warnen? Auch heute sehen viel Menschen den Zug bereits abgefahren. Es ist hoffnungslos, oder nicht?

Jeremia wendet sich an Gott in seiner Not. Allein von ihm erwartet er Hilfe und Rettung. Nur wenn er eingreift und hilft, dann ist uns allen geholfen, nur dann sind wir gerettet. Und? Hat er es getan? Hat er eingegriffen? Die Geschichte des Volkes Israel zeigt uns, dass er eingegriffen hat, aber ganz anderes, als es sich das Volk vorgestellt hat. 70 Jahre sollte das babylonische Exil dauern, bis es wieder einen Neuanfang geben würde. Und auch da ging dann alles so weiter wie vorher auch, wie nicht zuletzt auch unsere heutige Geschichte zeigt. Da, wo Gott ist, muss die Hoffnung nicht sterben, da siegt immer das Leben, das gilt für die Ukraine, für den Gazastreifen und auch für uns, denn das Kreuz Christi steht immer noch mitten in dieser so kaputten Welt. Es zeigt uns, dass sich Gott nicht von uns zurückgezogen hat. Die mahnenden und warnenden Stimmen unserer Zeit, sind auch seine Stimme, die uns zur Umkehr ruft. Hören wir, die wir in der Nachfolge Christi stehen, diese Stimmen noch? Ja, es stimmt, Gott hat uns nicht verlassen, seine Liebe und Güte ist alle Morgen neu und seine Gnade hat noch kein Ende. Das ist zur Zeit das einzige, was wir sagen können. Wie unsere Zukunft aussieht und in welcher Welt unsere Kinder und Enkel einmal leben müssen, das wissen wir nicht. Dass es nicht so weitergeht wie bisher ist uns allen klar, aber nun den Abgesang dieser Welt zu singen, dazu besteht auch kein Anlass. Der an der Welt, seinem Volk und an sich selber leidende Prophet, hat Gott immer wieder Mut gemacht, sein Wort weiter zu sagen, mahnend, klagend und oft auch vergeblich. Doch am Ende stand die Zusage Gottes an sein Volk, es nicht fallen zu lassen. Jeremia konnte das nicht mehr miterleben. Vermutlich wurde er von denen, die zuletzt nach Ägypten flohen mitgenommen und entführt. Seine mahnende Stimme und seine Worte bleiben bis heute und mahnen auch uns, wieder auf Gott zu hören, umzukehren und neue Wege einzuschlagen.

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen eine schöne und gesegnete Woche und bitte, bleibt alle gesund.

Euer P. Gräwe            

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